02. Mai 2024

Arbeitsmigration: Wer profitiert davon?

Volle Züge, verstopfte Strassen, knapper Wohnraum: Herr und Frau Schweizer spüren, dass die ausländische Wohnbevölkerung seit Einführung der Personenfreizügigkeit (PFZ) mit der EU vor 22 Jahren um 1,2 Millionen Personen gewachsen ist. Um die emotionale Diskussion zu versachlichen, hat das Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik IWP der Universität Luzern die Studie «Arbeitsmigration in die Schweiz: Die wichtigsten Erkenntnisse zu Bevölkerungswachstum, Wohlstand & Sozialstaat» veröffentlicht. Demnach profitieren in erster Linie die zugewanderten Arbeitskräfte, aber auch die rekrutierenden Unternehmen und die Volkswirtschaft. Von Vorteil sind zugewanderte Talente, wenn sie produktiver sind als die heimischen Arbeitskräfte – oder ihnen helfen, produktiver zu werden. Wie eine Analyse zeigt, spielt dieser Effekt jedoch eine eher bescheidene Rolle. Das Schweizer BIP pro Kopf ist seit 2000 inflationsbereinigt um 23 Prozent gestiegen. Damit liegt die Schweiz im europäischen Mittelfeld, das keine vergleichbare Zuwanderung erlebt hat. Hat die Zuwanderung den Fachkräftemangel verringert? Mitnichten. Mehr Menschen konsumieren mehr, brauchen mehr Dienstleistungen. Für jeden Arbeitsplatz bei einem exportorientierten Unternehmen entstehen so weitere 0,6 bis 1,4 Stellen für Neuzuzüger im lokalen Gewerbe. Hinzu kommt: Rund 40 Prozent der Menschen ziehen nicht wegen des Arbeitsmarkts, sondern aus familiären Gründen in die Schweiz. Selbst das Finanzierungsproblem der AHV vermag die Zuwanderung nur kurzfristig zu lindern. Langfristig beziehen die meisten Personen mehr Leistungen aus der AHV, als sie zu deren Finanzierung beigetragen haben. Ob der Nutzen der Zuwanderung für Staat und Gesellschaft insgesamt überwiegt, lässt die Studie mangels Daten offen. Sie schliesst jedoch mit dem Hinweis, dass das Schweizer Erfolgsmodell auf der direkten Demokratie, der Konkordanzregierung, der disziplinierten Geld- und Fiskalpolitik und dem Föderalismus beruht. «Die hohe Zuwanderung kann zur Folge haben, dass das Wissen von und die Wertschätzung für diese Sonderheiten und die Involviertheit verloren gehen. Denkbar ist aber auch, dass sich Zugewanderte die Eigenheiten des Schweizer Systems über die Zeit zu eigen machen.»