«Was derzeit in Bern passiert, ist filmreif», schrieb Kathrin Schregenberger in den «Schaffhauser Nachrichten» über das Chaos, das Bundesrätin Viola Amherd hinterlassen hat.
In der Tat bleibt von Viola Amherd in Erinnerung, wie sie sich vor der Kamera inszenierte. Vor Weihnachten umarmte sie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, um die aus ihrer Sicht «materiell abgeschlossenen Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU» zu feiern. Die symbolträchtigen Bilder schienen ihr wichtiger zu sein als die Tatsache, dass weder Parlament noch Volk darüber abgestimmt hatten. Auch beim Ukraine-Gipfel auf dem Bürgenstock tanzte sie aus der Reihe, um auf dem Gruppenfoto mit den Mächtigen der Welt eine gute Figur zu machen.
Umso kleinlauter wurde Viola Amherd, als ihr die Geschäfte zusehends über den Kopf wuchsen. Über Nacht warf sie kleinlaut das Handtuch und gab ihren Rücktritt bekannt. Kein Wort zum mutmasslichen Millionenbetrug beim bundeseigenen Rüstungskonzern Ruag und zu den Rücktritten von Armeechef Thomas Süssli und Nachrichtendienstchef Christian Dussey.
Wo bleibt der Biss?
Viola Amherd ist kein Einzelfall, sondern ein Spiegel des Zeitgeistes. Viele Verbandsfunktionäre und Topmanager von Grosskonzernen machen es vor. Sie glänzen lieber kurzfristig in den sozialen Medien, statt langfristige Strategien und wirksame Reformen umzusetzen. Dieser Typus «Leader» verschafft sich gerne schnell ein paar Vorteile und führt ein paar kosmetische Reorganisationen durch, um Lorbeeren zu ernten. Sobald Gewitterwolken aufziehen, bricht er seine Zelte ab und zieht weiter. Für einen nachhaltigen Wandel braucht es hingegen Biss.
Echte Unternehmerinnen und Unternehmer wissen: Wer Erfolg will, wägt Chancen und Risiken ab, denkt langfristig, handelt nachhaltig – und steht zu seinen Entscheidungen. Damit sich die Wirtschaft dann entfalten kann, braucht es auch vernünftige und freiheitliche Rahmenbedingungen. Genau deshalb ist autonomiesuisse nicht bereit, die über Jahrhunderte gewachsenen Stärken der Schweiz wie Unabhängigkeit, direkte Demokratie und Föderalismus für eine Anbindung an die bürokratische EU aufzugeben.
Langfristig denken – statt Logik der Likes folgen
Die «Schaffhauser Nachrichten» formulieren es so: «Aus Sicht der Normalbevölkerung ist es stossend, dass in der Schweizer Elite, ob nun beim Untergang der CS oder beim Abtauchen des VBS, die Verantwortlichen Schaden anrichten und den Scherbenhaufen dann zurücklassen. Der Anspruch, eine Arbeit möglichst gut machen zu wollen und in einem aufgeräumten Zustand zu übergeben, scheint nicht mehr vorhanden zu sein.»
autonomiesuisse plädiert für eine Rückkehr zur typisch schweizerischen Kultur des «stillen Schaffens» und der langfristigen Verantwortung. Es kann nicht sein, dass wir der Logik der Likes folgen, statt tragfähige Lösungen für die Zukunft zu erarbeiten und diese transparent zu diskutieren. Beim Rahmenabkommen mit der EU fehlt dazu eine wichtige Voraussetzung: Der Bundesrat hält die Details der Verhandlungen nach wie vor unter Verschluss.