Man könne nicht «den Fünfer und das Weggli» haben, werfen viele EU-Freunde der Schweiz vor. Zeno Staub, bis Ende 2023 CEO der Bank Vontobel, Unternehmer und Präsident der Arbeitsgemeinschaft Wirtschaft und Gesellschaft (AWG) des Kantons Zürich in der Mitte-Partei, greift die Metapher auf – und zeigt ihre wahre Bedeutung im «Nebelspalter».
Schweizer Erfolgsrezept
Entscheidend ist weder der Fünfer noch das Weggli, sondern dass wir die «Bäckerei», unsere Schweizer Wirtschaft, behalten. Mit der institutionellen Angleichung an die EU würden wir dagegen unsere Produktionsbedingungen aus der Hand geben. «Liberale Arbeitsmärkte, direkte Demokratie, eigene, pragmatische Rechtssetzungsfähigkeit, Föderalismus, Subsidiarität, Steuerwettbewerb» – das sind laut Staub die Zutaten des Schweizer Erfolgsrezepts.
Verträge, die gesundem Menschenverstand entsprechen
Staub teilt die Verträge mit der EU in fünf Gruppen ein. Die erste Gruppe umfasst Abmachungen, wie sie unter OECD-Ländern üblich sind. Zweitens sieht er geografisch bedingte Verträge, die den Land- und Luftverkehr und die Sicherheit betreffen – und drittens den Bereich Forschung, Bildung und Innovation. Der vertragliche EU-Marktzugang in diesen Bereichen gewährt der Schweiz etwa die Bedingungen wie der globalen Konkurrenz.
Personenfreizügigkeit und MRA – wirtschaftlich überschätzt
Kritischer sieht Staub die vierte Vertragsgruppe, wozu das Abkommen zu technischen Handelshemmnissen, MRA, und die Personenfreizügigkeit zählen. Die Personenfreizügigkeit hält er für überschätzt: «Allein um Menschen aus dem Ausland in der Schweiz einstellen zu dürfen und ihre Familien hier anzusiedeln, brauchen wir keinen Vertrag mit dem Ausland.» Staub geht davon aus, dass sich die Schweiz einfach den Fünfer für eine eigenständige Steuerung der Zuwanderung sparen wolle – obgleich das Bevölkerungswachstum ein Ausmass angenommen habe, das den gesellschaftlichen Konsens gefährde.
Auch die Vorteile des MRA bezeichnet er als «dünn». Das zeigen die erfolgreichen Exporte von China, Südkorea und den USA in die EU und die Tatsache, dass die Medtech-Branche im Drittlandstatus – mit gleich langen Spiessen wie die globale Konkurrenz – allein 2020/2021 rund 4500 neue Stellen in der Schweiz geschaffen hat.
Zur fünften Gruppe von Verträgen, die eine institutionelle Angleichung an die EU bezwecken, braucht es ein klares «Nein», schliesst Staub. Sonst haben unsere Kinder keine Bäckerei mehr.