«Die EU-Rahmenverträge 2.0 brauchen kein Ständemehr», meint die aussenpolitische Kommission des Nationalrats. Sie stützt sich auf ein Gutachten des Bundesamtes für Justiz. Doch dieses blendet grundlegende judizielle Mechanismen der EU aus – wie eine Analyse von Prof. Dr. Dr. h.c. Carl Baudenbacher zeigt. Laut Baudenbacher betreibt das Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA seit den Zeiten von Yves Rossier und Didier Burkhalter (2013) eine «systematische Desinformationspolitik». Erliegen die Beamten in Bundesbern also den Fake News, die sie vor Jahren selbst in die Welt gesetzt haben?
Das Gutachten verschweigt unter anderem, dass das «Schiedsgericht» aus EU-Verträgen mit postsowjetischen Entwicklungs- und Schwellenländern stammt und keinerlei Befugnis hat, wenn es um EU-Recht und die Verträge mit der Schweiz geht. Tatsächlich entscheidet immer der Europäische Gerichtshof (EuGH). Das Schweizer Bundesgericht wäre faktisch seiner Vormundschaft unterstellt.
«20 Minuten»-Leserschaft: Kompetenter als Bundesjuristen?
Selbst wenn Streitfragen zwischen der EU und der Schweiz tatsächlich in einem gemischten Ausschuss geregelt würden, ist für Baudenbacher aber eines klar: Die dynamische statt wie bisher statische Übernahme von Recht aus Brüssel sägt an den Grundpfeilern unserer Bundesverfassung. Jeder Entscheid des Stimmvolks stünde unter dem Damoklesschwert drohender Straf- respektive Ausgleichsmassnahmen der EU. Die direkte Demokratie verkäme zur Farce. Deshalb brauchen die Rahmenverträge 2.0 nicht nur das Stimmen-, sondern auch das Ständemehr. Dies umso mehr, als die Schweiz ein Bundesstaat ist, der sich aus souveränen Kantonen gebildet hat.
Baudenbachers Einschätzung scheint auch in der Bevölkerung breite Unterstützung zu finden. So sprachen sich in einer Online-Umfrage von «20 Minuten» über 80 Prozent der über 3300 Teilnehmenden dafür aus, dass für das Rahmenabkommen 2.0 das doppelte Mehr von Volk und Ständen nötig sei.
autonomiesuisse lässt die Analyse von Prof. Dr. Dr. h.c. Carl Baudenbacher, dem EFTA-Gerichtspräsidenten a.D. und wohl besten Kenner des EU-Rechts in der Schweiz, den Schweizer Medien, Regierungsräten und Parlamentariern zukommen. Je weiter die EU im globalen Wettbewerb zurückfällt, desto krampfhafter scheinen sich gewisse Kreise an die Brüsseler Bürokratie zu klammern. Was braucht es noch, damit der Politik die Augen aufgehen?