Für Politiker und Verbandsvertreter ist das Kunstwort «EU-Binnenmarkt» so etwas wie ein heiliger Gral. Vermutlich in gutem Glauben würde der Bundesrat sein letztes Hemd verschenken, um der Schweiz den Zugang zum EU-Binnenmarkt zu sichern.
Und jetzt erfahren wir etwas, was viele praxiserprobte Unternehmerinnen und Unternehmer längst merkten: Der EU-Binnenmarkt ist ein Hirngespinst, das nur in den Beamtenköpfen existiert. Denn faktisch ist es oft einfacher, Waren in die USA zu exportieren, als sie von einem EU-Land ins andere zu schieben – wie Markus Somm in «Somms Memo» schreibt.
110 Prozent Zoll – innerhalb der EU
Er bezieht sich auf eine neue Studie des Internationalen Währungsfonds (IWF). Demnach erheben EU-Länder untereinander Handelshemmnisse, die Zolltarifen von 45 Prozent für Güter entsprechen – und von 110 Prozent, wenn es um Dienstleistungen geht. Das ist höher als alles, was Donald Trump den Chinesen am «Liberation Day» auferlegen wollte.
Der Binnenmarkt wurde nie vollendet – sagt der spanische Ökonomieprofessor Luis Garicano, der an der London School of Economics and Political Science (LSE) lehrt. Zahlreiche nationale Vorschriften blieben bestehen – während sich viele Nationalstaaten nicht um die gemeinsamen Regeln scheren.
Schweiz – einzige Musterschülerin
Wofür soll die Schweiz also künftig rund 350 Millionen Euro pro Jahr bezahlen und ihre Unabhängigkeit aufgeben? Für heisse Luft, eine Fata Morgana. Markus Somm formuliert es so: «Niemand in der EU hält sich daran – am Ende sind es nur wir Schweizer, die sie (die EU-Binnenmarktregeln) ernst nehmen, obschon wir gar nicht Mitglied der EU sind.»