Kann man den Brexit-Vertrag nicht mit dem Rahmenabkommen Schweiz-EU vergleichen? «Vieles ist in der Tat verschieden. Aber einiges ist vergleichbar», konstatiert Exdiplomat Paul Widmer in einem Gastkommentar in der «NZZ». Beide Staaten wollen einen vorteilhaften Zugang zum EU-Binnenmarkt (…). Und beide haben es laut Widmer «mit einem Verhandlungspartner zu tun, der mehrmals erklärte, vom jeweiligen Angebot nicht mehr abrücken zu wollen». Das Vergleichsverbot erfolge aus einem Grund: «Die Schweiz schneidet schlecht ab» – in der Sache, aber auch im Stil. Boris Johnson sei aufs Ganze gegangen, obschon Grossbritannien bei einem Scheitern in die Vertragslosigkeit gefallen wäre, die Schweiz aber nicht. «Bei einem Abbruch unserer Verhandlungen bestehen 120 bilaterale Verträge fort.» Der Bundesrat habe sich zu früh mit geringen Konzessionen zufriedengegeben, wie Widmer kritisiert. Den Kapitalfehler beging er im Juni 2019. Damals begrüsste er den Entwurf und forderte Nachbesserungen nur beim Lohnschutz, beim Zugang zur Sozialhilfe und bei den staatlichen Beihilfen. Die Kernprobleme, die dynamische Rechtsübernahme und die Rolle des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bei Streitfällen, nannte er nicht. Als Bundesratskandidat habe Ignazio Cassis davon gesprochen, den Resetknopf zu drücken – Widmers Fazit: «Leider hat er es bis heute nicht getan. Dabei wäre das der einzige Weg, um das Rahmenabkommen zu retten.»