Bundesrat Ignazio Cassis dürfte demnächst das Gespräch übers Rahmenabkommen mit der EU auf höchster Stufe suchen, schreibt Exdiplomat Paul Widmer in der «NZZ am Sonntag». Viel erwartet er nicht davon. Zu gross seien die Differenzen. Danach würde Cassis dem Gesamtbundesrat wohl vorschlagen, den Resetknopf zu drücken. «Aber man soll die EU nicht zusätzlich mit einer gnadenlosen Debatte im Parlament und einem Volks-Nein demütigen», empfiehlt Widmer: «Eine schonende Formulierung für den Abbruch zu finden, das ist jetzt die dringlichste Aufgabe der Diplomatie.» Nach glücklosen Verhandlungen mit der EU formuliert er drei Imperative: «Hände weg von jedem Vertrag, der die unselige Guillotine-Klausel ausbaut! Keine dynamische Rechtsübernahme ohne praktikable Schutzklausel! Und kein Vertrag, der dem Europäischen Gerichtshof das entscheidende Wort gibt!» Schliesslich stellt Widmer klar, dass alle bilateralen Abkommen weiterlaufen. Auch an neuen Verträgen dürfte die EU interessiert sein. Allerdings sinke deren Bedeutung aus Schweizer Sicht. Früher war Deutschland der wichtigste Absatzmarkt, nun lieferte es ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit den USA. Und die Exporte nach China überstiegen letztes Jahr erstmals jene nach Italien und Frankreich. Mittelfristig sollte die Schweiz laut Widmer auch Modelle wie ein Freihandelsabkommen à la Kanada prüfen. Und langfristig nicht vergessen, dass es im Verhältnis zur EU nicht nur um die Wirtschaft geht, sondern auch «um ein eigenständiges Staatswesen».