In seinem neuen Buch «Wenn alles reisst – hält die Schweiz?» vergleicht der Ökonom und Autor Dr. Beat Kappeler die Schweiz mit einem Uhrwerk. Dieses tickte zwar jahrzehntelang punktgenau, braucht jetzt aber eine Justierung. Zum Beispiel kritisiert Kappeler, dass die Verwaltung mit Verordnungen überbordet, gegen die es kein Referendum gibt. Diese Bürokratie zwingt jedes Unternehmen zur Aufblähung der Administration. Gegenüber der EU sieht der Ex-Sekretär des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes die Schweiz dennoch besser positioniert. Der Grund: Die Macht ist besser und föderaler verteilt zwischen Parlament, Regierung und Volk. Dabei räumt Kappeler mit dem Mythos auf, wonach die Schweiz ein Volk ungehobelter Bauern war. Er zeigt, dass die Urkantone schon vor dem Rütlischwur in Lieferketten des Kontinents eingebunden und auf den «internationalen» Markt ausgerichtet waren. Umso mehr appelliert er an die Politik, den Forderungen der EU selbstbewusster zu begegnen. Wir würden die Dynamik der Selbstermächtigung der EU-Behörden unterschätzen. So hätten sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) und die Kommissionen ab 1963 zusehends Kompetenzen zugeschanzt, die über den nationalen Regeln stehen – und nie von den Mitgliedstaaten beschlossen wurden.
Solche Selbstermächtigungen nenne man nach dem Systemtheoretiker Niklas Luhmann «Autopoiesis». Und sie führen zu einer immer ausgebauteren Zentralisierung der EU. «Legal, vertraglich, demokratisch legitimiert jedoch sind sie nicht», bemängelt Kappeler. Diesen Demokratiemangel deckt auch Prof. Dr. iur. et Dr. rer. pol. h. c. Carl Baudenbacher im Buch «Das Schweizer EU-Komplott» (2019) auf. So schildert er darin etwa, wie die Tschechische Republik, Dänemark, Irland, Polen, Portugal und das Vereinigte Königreich die geplanten Volksabstimmungen zum europäischen Verfassungsvertrag kurzerhand abbliesen – nach den negativen Ergebnissen in den Nieder-landen und Frankreich. Warum verhält sich die Schweiz, eine der ältesten Demokratien der Welt, trotz solcher Fakten so unterwürfig gegenüber der EU? Für Baudenbacher ist klar: Eine Politiker-und-Beamten-Clique liebäugelt klammheimlich damit, die Schweiz in die EU zu führen.