31. März 2025

EU-Narrativ entzaubert: Warum die «Bilateralen» der Wirtschaft wenig bringen

Fünf Jahre nach dem Brexit müsste in Grossbritannien die Apokalypse ausgebrochen sein – folgt man der hiesigen Berichterstattung. Doch die britische Wirtschaft wächst wesentlich schneller als die deutsche und liegt auf Augenhöhe mit der Eurozone.

François Schaller, Ex-Chefredakteur des «PME Magazine» und von «L’Agefi», nimmt dies zum Anlass, einen weiteren Mythos auf «swissinfo.ch» zu hinterfragen, den breite Kreise mantramässig wiederholen.

Er lautet so: In den 1990er-Jahren stagnierte die Schweizer Wirtschaft, dann erholte sie sich – dank des «heiligen bilateralen Wegs».

Brüssels Ziel: Integration der Schweiz

Wie Schaller zeigt, war dieser Weg ursprünglich dazu gedacht, die Schweizer Wirtschaft schrittweise in den Regulierungsapparat der EU zu integrieren. Die Schweiz hat dieses Ziel aufgegeben – aber die EU hält bis heute eisern daran fest.

Dabei lässt sich das «europäische Narrativ» leicht widerlegen: Die Schweizer Wirtschaft hat sich nämlich schon fünf Jahre vor den bilateralen Abkommen spektakulär erholt – und zehn Jahre vor der vollständigen Umsetzung der Personenfreizügigkeit.

Während diese für den heutigen Wirtschaftsdachverband economiesuisse sakrosankt ist, hielten frühere Direktoren gar nichts davon. Tatsächlich gibt es «nicht den geringsten Zusammenhang zwischen dem jährlichen Wachstum des Bruttosozialprodukts und der europäischen Einwanderung».

Zuwanderung: fünfmal höher als erwartet

Noch im Jahr 2000 ging der Bundesrat von einer jährlichen Zuwanderung von rund 10'000 Personen aus dem EU-Raum aus. Die Wirtschaftsverbände sprachen von «nur» 8000.

Seit der vollständigen Personenfreizügigkeit (2007) liegt der Jahresdurchschnitt jedoch bei 48’000 – das entspricht der Bevölkerung der Stadt Neuenburg. Dazu kommen 20’000 zugewanderte Personen aus aussereuropäischen Drittländern und sämtliche Asylsuchenden.

Bundesrat spielt Brüssel in die Hände

«Aus EU-Sicht haben Schweizer Unternehmen auf den Weltmärkten einen unfairen Vorteil, weil sie die europäischen Regulierungen nicht integrieren und tragen müssen», schreibt Schaller. Daher setzt Brüssel alles daran, die Schweiz auf EU-Schnitt zu nivellieren. 

Wenn der Bundesrat seinen Kurs fortsetzt, spielt er dieser Strategie in die Hände: Noch im Jahr 2000 lag die Arbeitslosigkeit in der Schweiz nach Definition der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) unter 2 Prozent, heute nähert sie sich mit rund 4,5 Prozent dem europäischen Durchschnitt von rund 6 Prozent.

Es lohnt sich, die ganze Analyse zu lesen – sie ist auf Französisch, Deutsch, Englisch und Portugiesisch verfügbar.