21. November 2024

Ex-EFTA-Gerichtspräsident korrigiert Nationalratspräsident

Sollen die Schweizerinnen und Schweizer selbst entscheiden können, wie sie ihre Europapolitik gestalten wollen? Gewisse politische Kreise scheinen dies eher verhindern zu wollen.

Darum verschleiern sie Realitäten vorzugsweise mit Euphemismen. Wenn die Schweiz automatisch EU-Recht implementieren muss, spricht man beschönigend von der «dynamischen» Rechtsübernahme. Und statt von einem institutionellen Rahmenvertrag mit der EU ist von den «Bilateralen III» die Rede – als handle es sich um Verträge auf Augenhöhe.

Verbaler Schlagabtausch

Ähnlich behaupten der EU-Botschafter in der Schweiz, Petros Mavromichalis, und aktuell Nationalratspräsident Eric Nussbaumer, dass die Schweiz mit den Verträgen keine «fremden Richter» akzeptieren müsse. Sie verweisen auf das «paritätische Schiedsgericht», das bei Differenzen zwischen der EU-Kommission und der Schweiz zu Wort kommen soll. In den verbalen Schlagabtausch mit EU-Turbo Nussbaumer hat sich jetzt auf LinkedIn auch Prof. Dr. Dr. Carl Baudenbacher, Expräsident des EFTA-Gerichtshofs in Luxemburg, eingeschaltet.

Postsowjetischer Standard für die Schweiz

Er erklärt Eric Nussbaumer, dass seine Auffassung unhaltbar ist. Denn das Schiedsgericht stelle nur eine «Formalie» dar. Es ist nämlich dazu verpflichtet, den Europäischen Gerichtshof (EuGH) anzurufen, der wiederum ein verbindliches Urteil erlassen würde. «Das Modell mit dem Pro-forma-Schiedsgericht stammt aus den Verträgen der EU mit postsowjetischen Schwellenländern», schreibt Baudenbacher: «Jeder Kenner der Materie aus der EU und dem EWR ist sich im Klaren darüber, dass damit der enorme Souveränitätstransfer auf die EU verdeckt werden sollte. Aber auf keinen Fall sollten dem Pro-forma-Schiedsgericht reale Kompetenzen eingeräumt werden.»

 Gut möglich, dass Nussbaumer selbst einem Täuschungsmanöver aufgesessen ist, wie Baudenbacher hinzufügt. Denn leider missverstehe die Bundesverwaltung «ihren Auftrag zur objektiven Information».