10. Februar 2021

Micheline Calmy-Rey: «Spielraum der Schweiz würde eliminiert»

Im Interview mit der «NZZ» vergleicht alt Bundesrätin Micheline Calmy-Rey den Brexit-Vertrag mit dem Rahmenabkommen. «Die Schweiz ist über die Bilateralen enger mit der EU verflochten als das Vereinigte Königreich mit dem Freihandelsvertrag», konstatiert sie und kritisiert, dass das Rahmenabkommen eine Streitbelegung mit Einbezug des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vorsieht. Dessen Rolle würde das Schiedsgericht entwerten: «Der Brexit-Deal zeigt, dass ein Schiedsgerichtsmechanismus anders aussehen kann, als dies die EU will.» Darüber hinaus moniert Calmy-Rey, dass das Freihandelsabkommen von 1972 dem Rahmenabkommen unterstellt werden soll. Auch mit dem Bundesrat geht die SP-Politikerin hart ins Gericht: «Da können wir von Boris Johnson etwas lernen.» Die drei Punkte auf der bundesrätlichen Agenda (Lohnschutz, Unionsbürgerrichtlinie, staatliche Beihilfen) reichten nicht aus. Problematisch bleibe die Souveränitätsfrage. Und auch die Guillotineklausel sei «nicht zu rechtfertigen», betont Calmy-Rey: «Die EU würde damit ein grosses Druckmittel erhalten, und der Spielraum der Schweiz würde letztlich eliminiert.» Wie die ehemalige Aussenministerin fordert autonomiesuisse, dass das Freihandelsabkommen als letzte Verteidigungslinie gegenüber der EU nicht in das Rahmenabkommen integriert werden darf. Ebenso ist eine Ausdehnung der Guillotineklausel zu vermeiden. Und was beim Schiedsgerichtsmechanismus für die Briten möglich ist, müsste es klar auch für die Schweiz sein.