03. Juli 2024

Mit welchen Tricksereien müssen wir noch rechnen?

Muss dem Rahmenabkommen 2.0 mit der EU eine Mehrheit des Volks und eine Mehrheit der Kantone zustimmen? Ein vom Bundesrat beim Bundesamt für Justiz in Auftrag gegebenes Gutachten verneint dies vehement. Dieses Ergebnis hat weite politische Kreise überrascht. So sehr, dass selbst der Bundesrat kalte Füsse bekam. Er behält sich nun trotz des Gutachtens eine Abstimmung mit Ständemehr vor.

Tatsächlich kamen schon das Freihandelsabkommen von 1972 und 1992 der EWR-Vertrag vor Volk und Stände. Und das Rahmenabkommen, das die Landesregierung jetzt einfädeln will, würde die Schweiz noch viel enger an die EU binden. Das Bundesamt für Justiz argumentierte noch am 15. Januar 2020 diametral anders als heute, wie Prof. Dr. Dr. Carl Baudenbacher, Expräsident des EFTA-Gerichtshofs in Luxemburg, auf LinkedIn kommentiert. Für ihn stellt das «Gefälligkeitsgutachten» ein abschreckendes Beispiel für die «Verluderung der juristischen Methodenlehre» dar. Denn über den Inhalt des Rahmenabkommens werde «gelogen» und die Folgen werden verharmlost. Die Wurzeln des Ständemehrs liegen darin, dass sich einst autonome Kantone zur Eidgenossenschaft zusammengeschlossen hatten. Das Ständemehr ist somit älter als das Stimmenmehr.

Was in aller Welt hat das Bundesamt für Justiz dazu bewogen, die Verfassung so spielerisch zu interpretieren? Die «NZZ» schliesst nicht aus, dass es «mit dem EU-freundlichen Departementschef an der Spitze auch eine implizite Ermunterung gab, in diese Richtung Überlegungen anzustellen». Der Verdacht drängt sich aber auch auf, dass Befürworter des Rahmenabkommens diesem Vertragswerk in einem Abstimmungskampf keine grossen Chancen zutrauen – und jede juristische Spitzfindigkeit nutzen, um es leichter durchboxen zu können.

Wenn schon das Bundesamt für Justiz die Fakten so verdreht, fragt man sich, für welche weiteren Fake News wir uns noch wappnen sollten.