Wenn die Schweiz die Rahmenverträge mit der EU unterzeichnet, kann sie bestenfalls erreichen, dass sie nicht mehr von der EU gepiesackt wird – dafür bezahlt sie jedoch einen hohen Preis. So lautet das sinngemässe Fazit eines Artikels in der «NZZ» des früheren FDP-Bundesrats Johann Schneider-Ammann in der «NZZ».
Schneider-Ammann schreibt nicht nur als Kenner der Politik, sondern auch als internationaler Unternehmer. Lange präsidierte er den Verband der schweizerischen Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie Swissmem und war Vizepräsident des Wirtschaftsdachverbands economiesuisse sowie engagiert in der Vereinigung Schweizer Unternehmer in Deutschland (VSUD).
«Europa hat Interesse an einem gesund schlagenden Herzen in seiner Mitte. Heute mehr denn je», schreibt Schneider-Ammann. Das vorliegende Vertragsresultat stelle allerdings «keine Fortsetzung des bewährten bilateralen Wegs» dar. «Wir würden mit den Bilateralen III viel zu wenig erhalten für solch weitgehende Zugeständnisse an die EU, was die DNA der Schweiz und ihre demokratische Verfasstheit anbelangt.» Die Verträge «etablieren eine Pflicht zur Übernahme des sich fortentwickelnden Unionsrechts in den Marktzugangsabkommen».
«Trainingslager für EU-Beitritt»
Inwiefern könnte die Schweiz bei der Rechtlegung noch mitsprechen?
Die Schweiz kann zwar im Rahmen des «Decision-Shaping» ihre Meinung einbringen. «Dass jedoch ihre Stimme als Drittstaat unter 27 EU-Mitgliedsstaaten gehört, geschweige denn berücksichtigt würde, ist zu bezweifeln. Vom Decision-Making ist sie ausgeschlossen», stellt Schneider-Ammann klar. Die Bilateralen III führten in einen «Mini-EWR». Damit würde die Schweiz in das «Trainingslager für einen EU-Beitritt» eintreten». Der ehemalige Bundesrat resümiert: «Man könnte nur zustimmen, wenn es eben gerade die Absicht wäre, den Bundesstaat in das übergeordnete Konstrukt – also in die EU – zu zwingen.»
Mehr Regulierung, weniger Freiheit
Es sei irreführend, so zu tun, als ob es sich bei der EU-Rechtsübernahme ausschliesslich um Recht handle, das die Menschen und Unternehmen im Inland nicht beträfe: «Das neue Vertragswerk samt den endlosen Regelungen und Vorschriften auf der EU-Verordnungsstufe würde fundamental und bindend in ureigene schweizerische Angelegenheiten eingreifen (…)».
Als Unternehmer erinnert er daran, dass es immer eine kurzfristige und eine langfristige Perspektive gibt. Die Schweiz ist bisher gut gefahren, weil sie langfristig gedacht hat. Schneider-Ammann: «Diese ureigene, positive Schweizer Mentalität gilt es unbedingt zu bewahren – ich möchte dieses einzigartige System nicht durch eine Europäisierung unseres sozialpartnerschaftlichen Mindsets bedroht sehen.»
Das schweizerische Erfolgsmodell beruhe auf Föderalismus, direkter Demokratie, moderater Regulierung, tiefen Steuern, einem flexiblen Arbeitsmarkt, exzellenter Bildung und auf einem funktionierenden Sozialstaat. «Mit den nun vorliegenden Bilateralen III würde die Schweiz eine Gegenrichtung einschlagen: (…) viel mehr Regulierung, viel weniger unternehmerische Freiheit.
An seine Partei FDP appelliert er: «Wie kann die FDP für eine liberale Wirtschaftsordnung sein – und für Verträge, die das Gegenteil all dessen mit sich bringen werden»?