Staatsrechtler Andreas Glaser: Parlament, Volk und Stände verlieren an Einfluss!
Beim geplanten EU-Abkommen handelt es sich um mehr als «Bilaterale III». «Es geht weit über das hinaus, was heute gilt. Mir scheint, dass man sich über die institutionelle Tragweite des Abkommens nicht überall im Klaren ist», sagt Andreas Glaser, Professor für Staats-, Verwaltungs- und Europarecht unter besonderer Berücksichtigung von Demokratiefragen an der Universität Zürich, der «NZZ». Die dynamische Rechtsübernahme sowie der Europäische Gerichtshof (EuGH) würden «das Verhältnis der Schweiz zur EU auf eine ganz andere Stufe heben». Konkret bliebe dem Parlament in vielen Fällen «keine andere Wahl, als Änderungen des EU-Rechts zu übernehmen und innerstaatlich umzusetzen». Genauso wie dies fürs Schengen-Abkommen gilt.
Insgesamt verlieren Parlament, Stimmvolk, Kantone und Bundesgericht laut Glaser an Bedeutung. Dabei kennt er das EU-Recht ebenso gut wie das Schweizer Recht: Als gebürtiger Deutscher hat er in Deutschland studiert und habilitiert. Wie Glaser argumentiert, setzt das Parlament schon heute Volksinitiativen – wie die Alpeninitiative und die Masseneinwanderungsinitiative – nicht um, wenn die Schweiz damit gegen die Bilateralen verstossen würde. «Das EU-Abkommen würde den Vorrang des bilateralen Rechts einfach noch auf weitere Bereiche ausdehnen», betont Glaser.
Bei gewissen Referenden könnte das Volk zwar Nein sagen. «Ein völlig freier Entscheid wäre aber kaum möglich, denn bei einem Nein würden Sanktionen drohen – welche, das wüsste man im Vorhinein nicht», erklärt Glaser. Was gewisse Streitfälle betrifft, ist sich der Demokratieexperte sicher, dass Juristen aus der EU die Praxis des Bundesgerichts als EU-rechtswidrig einstufen. Solche Fälle könnten rasch eskalieren. «Entscheidend wird sein, wo die Interessen der EU-Kommission liegen und ob sie einen Nutzen darin erkennt, sich wegen der Schweiz zu verausgaben», meint Glaser.
autonomiesuisse ergänzt: Statt dass unsere Wirtschaft und unsere Gesellschaft die erwünschte Rechtssicherheit im Verhältnis zur EU erhalten, unterwerfen sie sich mit dem Abkommen letztlich der politischen Willkür der EU-Kommission.